Hofprojekt Thomasburg – Natur und Kultur pur

Hofprojekt Thomasburg – Natur und Kultur pur

Autorin: Edith Faust

Was Euch hier erwartet, ist die spannende Geschichte über die Entstehung einer solidarischen Hofgemeinschaft. Hier sollen regenerative Landwirtschaft, wirtschaftliche Suffizienz und ein reiches Kulturangebot vereint werden. Es ist ein ehrgeiziges Vorhaben, denn bisher existiert lediglich eine fantasievolle Vision: vom konventionellen Kartoffelacker zum vielfältigen Nachhaltigkeitsprojekt!

Kartoffelacker Foto, Simone Pankofer

Dies hier ist die Fläche, um die es gehen soll. Momentan ist von unserer Nachhaltigkeitsvision noch wenig zu erkennen: es gibt ein Haus, eine Grünfläche und einen großen, einheitlichen Kartoffelacker, der im Rahmen eines Pachtvertrages konventionell betrieben wird. Doch der Eigentümer des Grundstücks, Conrad Meinke, hat andere Pläne: er möchte diese Fläche in eine zukunftsfähige, nachhaltige, solidarische Hofgemeinschaft umwandeln. Viele Ideen existieren bereits zur Gestaltung der Fläche – schauen wir uns das Ganze einmal genauer an.

Bevor wir Euch die einzelnen Areale vorstellen, möchten wir Euch die grundsätzliche Idee hinter dem Projekt näherbringen: Das angedachte System ist auf dem Prinzip der solidarischen Hofgemeinschaft oder Betriebsgemeinschaft aufgebaut. Im Haus, welches sich momentan im Umbau befindet, werden derzeit geräumige Wohnungen eingerichtet – diese sind für die Menschen, die in Zukunft einmal hier leben sollen. Das Modell soll so funktionieren, dass jedes Gemeinschaftsmitglied so viel zur Arbeit auf dem Hof beiträgt, wie es ihm oder ihr möglich ist. Dabei soll es verschiedene Zuständigkeiten im Haus, im Garten, in der Verwaltung oder sonstigen relevanten Bereichen geben, sodass der Beitrag jeder Person sinnvoll ins Gesamtgefüge einfließt. Alle erwirtschafteten Erträge sollen in eine gemeinsame Kasse fließen und für Maschinen, Saatgut und dergleichen verwendet werden. Auf lange Sicht ist das Projekt auf Tragfähigkeit ausgerichtet, aber wichtig ist, dass das Geld nicht im Mittelpunkt stehen soll – die Sinnhaftigkeit dieses Lebensstils ist das Zentrale am Leben auf dem Hof. 

Kommen wir nun zu dem, was sich im Garten abspielen soll: Hier liegen die Kernelemente der Nachhaltigkeit für dieses Projekt!

Vorentwurfskarte von Dr. Agnes Friedel 2023, bearbeitet von Penelope Wirsig

Ein erheblicher Teil der Vision ist die regenerative Landwirtschaft. Regenerativ bedeutet, dass diese Form des Anbaus den Boden durch schonende Bodenbearbeitung langfristig gesund hält. Zu dieser Landschaftsform tragen hier mehrere Elemente bei, die unter anderem dazu dienen sollen, die Ernährungsgrundlage der zukünftigen Hofgemeinschaft zu gewährleisten. Zum anderen soll auch ein Restaurantbetrieb ins Leben gerufen werden, der die Gäste mit Erzeugnissen aus dem eigenen Garten verwöhnt.

In unmittelbarer Nähe der Gastwirtschaft im vorderen Eingangsbereich soll ein Kulturgarten angelegt werden, den man sich wie einen klassischen Hausgarten vorstellen kann: er soll dekorativ gestaltet sein, zum Verweilen einladen und für eine gemütliche Atmosphäre sorgen. Noch dazu dürfen Gäste sich gerne die Freiheit nehmen, sich selbst an den Früchten zu bedienen.

Zusätzlich zum öffentlich zugänglichen Kulturgarten wird eine Fläche für biointensiven Gemüseanbau geplant: dort wird sich die Hauptlebensmittelquelle für den Restaurantbetrieb befinden. Wichtig hierfür ist, dass die angebauten Gemüsesorten nicht genau die gleichen sind, die man auch im Supermarkt findet – viel interessanter und vor allem auch nachhaltiger ist es, seltene, alte Sorten zu verwenden, die eine hohe genetische Diversität aufweisen. Das sorgt sowohl für einzigartige Geschmackserlebnisse, als auch für ein größeres Bewusstsein dafür, was die Natur uns eigentlich zu bieten hat!

Weiter geht es mit dem Waldgarten, einem weiteren multifunktionalen Element: Auch hier kommt später ein Teil der Nahrung her, was allerdings nicht die einzige Funktion ist, denn es geht neben der Versorgung auch um die Biodiversität – eine etwas wildere, naturnahe Gestaltung mit viel Lebensraum für Nutz- und Systempflanzen, Insekten und weitere Tiere ist hier geplant – und auch zum Lernen und Entdecken soll dieser Ort einladen, quasi als eine Art Naturlehrraum.

Das ist noch längst nicht alles, denn zusätzlich ist ein Agroforstsystem als weitere Fläche für Nahrungsmittelproduktion in der Planung. Hier gestaltet sich der Entwurf allerdings etwas schwieriger, denn dieses groß angelegte System, das auf der Fläche des derzeitigen Kartoffelackers angedacht ist, stößt auf das Problem, dass der Boden nicht flach ist wie ein Parkplatz, sondern erhebliche Unterschiede im Gefälle aufweist. Dieses Relief hat besonders für das Wassermanagement beachtliche Folgen: die höchsten Stellen neigen zum Austrocknen, während sich das Wasser an den Tiefpunkten sammelt. Besonders in den Zeiten des Klimawandels mit zunehmender Trockenheit ist es hochrelevant, eine Lösung für das Wassermanagement-Problem zu finden. Glücklicherweise gibt es Experten, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen: Nach einem ersten Beratungsgespräch ist Conrad überzeugt, dass ein sogenanntes „Keyline-Design“ sich gut anbieten würde. Dabei handelt es sich um eine Geländegestaltung, bei der durch strategische Gehölzpflanzung Wasser auf der Fläche gelenkt oder gehalten wird. Mit anderen Worten: es werden Reihen aus Fruchtgehölzen (wie z.B. Obst- oder Nussbäume) gepflanzt, die sich an die Dynamik des Flächenreliefs anpassen. Dazwischen vervollständigen Ackerstreifen das Ganze zu einem Agroforstsystem. Zusätzlich zum Beitrag zur Restaurantküche lädt der Agroforst zum Entdecken und möglicherweise auch zum Probieren ein.

Wie die Karte mit dem Vorentwurf schon vermuten lässt, gibt es zudem Überlegungen, einen Teich zu bauen. Auch bei diesem schwingt das Wasserproblem als entscheidender Faktor mit: In Zeiten mit wenigen Niederschlägen ist der Teich als Wasserreservoir auf jeden Fall eine wertvolle Ressource. Stellt sich die Frage, wo dieser entstehen soll – dafür gibt es zwei verschiedene Herangehensweisen. Die erste, die auch in der Karte eingezeichnet ist, nimmt die Idee zur Grundlage, den Teich als Haltebecken an der niedrigsten Stelle der zukünftigen Agroforstfläche anzulegen, wo das Wasser sich automatisch sammeln würde. Dieser Ansatz wirft allerdings die Frage auf, wie das Wasser zur Bewässerung der Anbauflächen verwendet werden kann – man müsste eine Pumpe zur Hilfe ziehen, was zusätzlichen Energieaufwand bedeuten würde. Die andere Herangehensweise wäre, den Teich in die Nähe des Hauses zu bauen und ihn mit Regenwasser aus dem Dachabfluss zu speisen. Von dort oben könnte das Wasser auf die Anbauflächen geleitet werden und sich, auch mithilfe des Keyline-Designs, selbstständig gleichmäßig verteilen. Die genaue Umsetzung dieser beiden Ansätze bedarf noch einiger Untersuchung – ob eventuell ein Teich oben und einer unten gebaut wird oder sich noch eine vielversprechendere Lösung bietet, wird sich im Laufe der Planung noch herauskristallisieren. Und wieder handelt es sich um ein Element mit Multifunktionalität: zusätzlich zum Beitrag zum Wassermanagement dient der Teich als Feuchtbiotop und erhöht damit die Biodiversität und Lebensraumvielfalt auf der Gesamtfläche.

Um das Grundstück herum soll eine Biotophecke gepflanzt werden, die ebenfalls mehrere Funktionen erfüllt. Zum einen dient sie als klassische Grundstücksbegrenzung; des Weiteren soll sie den Wind brechen. Auch als Sichtschutz ist sie geeignet und noch dazu als wilder, biodiverser Lebensraum. Selbst die Pflanzen der Hecke sollen umfassend genutzt werden: als Feuerholz, für Früchte oder als Nutzholz.

Auf der anderen Seite des Hauses, dort, wo zurzeit nur ein bisschen Gras wächst, sollen Tiere dem Grün einen neuen Sinn verleihen. Ob Esel, Ziegen, Alpakas oder andere Arten, ist noch nicht gewiss – Ziel ist aber, einen Archebetrieb mit seltenen Nutztierrassen aufzubauen, der dem Prinzip der seltenen, alten Gemüsesorten gleichkommt und zusätzlich von Nah und Fern begeisterte Menschen anzieht.

Eine weitere Überlegung, die die Vielfalt auf dem Hof auf eine noch ganz andere Art ergänzen könnte, wäre ein Waldkindergarten. Das Bewusstsein der Kinder für die Natur von klein auf zu fördern und die Vielseitigkeit unserer natürlichen Umgebung hautnah erlebbar zu machen, würde hervorragend zur Gesamtidee des Hofes passen und den Kindern eine wichtige Grundausrichtung auf ihren Lebensweg mitgeben. Für dieses Teilprojekt muss überprüft werden, ob der Kindergarten alle erforderlichen Sicherheitsauflagen erfüllen kann. Die Idee des Waldkindergartens steht auf der Liste des Projekts; ob die Umsetzung möglich ist, wird die Zukunft zeigen.

Zuguterletzt gehört es zur zentralen Idee, dass das Hofprojekt Thomasburg nichts Exklusives ist – hier ist jede und jeder herzlich willkommen! Nicht nur für dauerhafte Bewohner*innen soll hier ein erlebnisreicher Ort entstehen, denn der Hof am Küselberg soll auch für Besuch von außerhalb zum regionalen Kulturzentrum werden: mit einem Veranstaltungsraum für Hochzeiten, Musik, Geburtstage, die Freiwillige Feuerwehr, Kinoabende und vieles mehr soll ein vielfältiges Angebot bestehen! Dabei gilt: Wer zu Besuch kommt, geht mindestens mit einem Glas Honig und einem Sack Kartoffeln wieder nach Hause, denn hier werden alle Gäste großzügig versorgt. Auf diese Weise soll der Hof einen großen Mehrwert für die Allgemeinheit bieten!

„Ich möchte zum Ender meiner Berufstätigkeit noch mal was Ordentliches, Sinnvolles machen, etwas, wo nicht die Rendite an erster Stelle steht”

-CONRAD MEIKE

Nun heißt es: Anträge stellen, Gespräche führen, Überlegungen anstellen, die Vision konkretisieren. Sobald der Pachtvertrag für den Kartoffelacker Ende September ausläuft, kann das Projekt in die Praxisphase übergehen. Das Hofprojekt am Küselberg ist ein klares Statement für die Nachhaltigkeit, die in der heutigen Welt so dringend ist wie noch nie zuvor. Es soll ein Beispiel dafür sein, dass eine alternative Form der Gesellschaftsorganisation durchaus möglich ist, dass das Menschsein im Einklang mit der Natur von immenser Bedeutung ist und dass die suffiziente Wirtschaft in Verbindung mit umfassender Nachhaltigkeit eine sinnstiftende Lebensgrundlage bietet. Kurz gesagt – dieser Hof ist ein Leuchtturmprojekt, an dem sich alle erfreuen sollen!

Autorin des Textes: Edith Faust

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